@Fran Kessler 17.2.2014
Es stimmt alles......genau das sind die Probleme, aber wir sind eine Bande von Angsthasen und es gibt keinen großen Macher, der aufsteht und etwas ändert. Es gibt soviel Zeichen, versteht denn keiner was hier los ist.......VERDAMMT.
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/das-fernsehen-und-seine-zahlen-die-grosse-quoten-luege-12803540.html
Sie ist Deutschlands größter Filmzirkus: die Berlinale. Schauspielerin und FOCUS-Online-Expertin Judith Hoersch
beschreibt, wie sie das Spektakel erlebt hat: Mit gefühlten 100.000 Händeschüttlern, etwa 500 Umarmungen, 250 Häppchen und 17 Blasenpflastern.
Dieter Kosslick hat mal wieder eine Glanzleistung vollbracht. Nirgendwo sonst auf der Welt findet mal so viele Blockbuster, so viele politisch-relevante,
kontroverse Filme wie bei der Berlinale. Kino als Berufung! Kosslick lebt’s auf seine ganz unnachahmliche Art vor. Kann man aber auch alles, viel klüger und wortreicher, im Feuilleton
nachlesen.
Eigentlich habe ich die Berlinale verpasst, zumindest die ersten Tage. Dreharbeiten in Manchester für den BBC-Dreiteiler "The Driver", wo ich zusammen mit Kollegen wie David Morrissey und Colm
Meaney spielen konnte. Keine Bange, Freunde, nur eine Nebenrolle. Aber: Ich durfte erleben, dass die Briten mit dem Satz 'There are no small characters, just small actors' ernst machen. Soviel
Interesse, soviel geballte Spiel- und Experimentierfreude.
Das Berlinale-Fieber befiel mich also mit Verzögerung. Und die Rückkehr auf den roten Teppich der Tatsachen sah so aus: Gefühlt 100.000 Hände geschüttelt, 500 Umarmungen und herzliches
Wiedersehen mit Freunden. Zig Empfänge, zig Verleihungen, zigmal der unstete Blick. Anstehen, Blitzlicht, Applaus. Herrlich verschwurbelte Smalltalks, Berlinale-Gossip über Lars von Trier und
Wer-mit-wem? Schaulauf, Scheinwerfer, Sprudelwasser, Stöckelchen und Stösschen. Schrägen und interessierten Blicken. Gefühlten 250 Häppchen und XX Sektchen. 17 Blasenpflastern und einer Tube Dr.
Scholls Fußsalbe – Halleluja heute geht 'meine Berlinale' zu Ende!
Schön war’s auch in diesem Jahr im Filmzirkus, auf dem Bazar der Gefühle, dem Fest das so strahlt und glitzert und gleichzeitig so vielen Menschen eine fette Bronchitis und Augenringe so groß wie
Mokkatassen einbringt. Hinter den Kulissen werden auf dem Filmmarket sehr unsentimental Filme verkauft, heiß diskutiert und gepitcht. Genau so häufig wird, mit dem Sektglas in der einen und einem
Canapé in der anderen Hand, über schwindende Budgets geklagt. Das Jammern auf hohem Niveau kennt man ebenso wie die Red Carpet Pics der Bärenanwärter.
Perfekt ausgeleuchtete Popcorn-Welt
Doch wie ging es eigentlich wirklich zu auf den ganzen Empfängen der Medienpartner, Filmförderungen und Verbände? Das Wort 'Filmfamilie' wurde bis zur Ermüdung ausgereizt. Willkommen in dieser
perfekt ausgeleuchteten Popcorn-Welt auf dem Planet Berlinale. Alle sind gekommen um – ganz klar! – Filme zu schauen und um – auch klar! – Kontakte zu machen. Mal ganz ehrlich, wenn ich einen
tollen Abend erleben möchte, dann rufe ich meine Freunde (teilweise auch Mitglieder dieser Filmfamilie) an und treffe Sie in einer weniger überfüllten Bar, mit weniger lauten, schillernden und
bizarren Gestalten irgendwo im Kiez. Auf der Berlinale hat man aber was anderes vor. Hier wird getuschelt und geschaut. Wer ist da? Alle wollen was von allen: Die Produzenten von den Verleihern
und Sendervertretern, die Regisseure was von den Produzenten, die Drehbuchautoren von den Regisseuren, die Schauspieler von den Castern und Regisseuren, die Caster von den Produzenten usw. usf..
Aber alle tun wir so, als wären wir ganz ungezwungen hier, eben weil wir es sind: Die große Filmfamilie.
Auf der Director’s Night – dem Empfang des Regieverbands, der eine echte Ausnahme zu den anderen Empfängen darstellt(e), denn dort gab es weder Presse noch, einen roten Teppich, noch hatten die
Leute alle einen Stock verschluckt - treffe ich einen Filmkomponisten aus Los Angeles. Wir kommen schnell ins Gespräch, und wir sind beide unisono überrascht darüber: Denn so ein spontanes
Gespräch ist hier eher selten.
Aber wir Deutschen – man verzeihe mir bitte diese böse Verallgemeinerung (ich freue mich auf den Shitstorm) – stehen in unseren Grüppchen rum und legen eher einen Rückwertsgang ein, als uns neuen
Leuten zu öffnen. Wir sind zugewandt, wenn uns jemand offiziell vorgestellt wird, aber sind wir auch initiativ und offen, wenn wir uns zufällig über den Weg laufen? Oder denen gegenüber, die ein
Gespräch mit uns suchen? Viele kennen und bestätigen diese irrationale Angst vor dem Neuen und deswegen bleibt man dann halt doch irgendwie lieber unter sich, bei Leuten, die man kennt, bei
Produzenten, mit denen man eh schon arbeitet, bei Castern, die unser Showreel schon haben...
Hierzulande ist vieles festgefahren
Warum habe ich den Eindruck, dass hierzulande vieles festgefahren ist? Die "Schuster-bleib-bei-deinen-Lei
Selten haben diese Veranstaltungen eine Aura von der Offenheit, von dem kreativen Wahnsinn und dem Gefühl 'Everything is possible', wie man es sich doch wünschen würde. Es ist dieses
Bittstellertum, was dem ganzen so eine seltsame Nuance verleiht. Irgendwie gar nicht Family mäßig. Ja ich weiß schon, das sind üble Verallgemeinerungen und Ausnahmen bestätigen wie immer die
Regel, aber es ist eine Tendenz und das ist schade.
Wir brauchen doch eine neue Filmlandschaft. Wir brauchen neue Leute und frischen Wind. Dafür müssen wir Neugier wagen (Danke Willy). Wir wollen doch nicht weiterhin peinlich berührt sein, wenn
wir mal versuchen einen 'Genrefilm' zu machen (dieser fälschliche Begriff ist im Übrigen nur in Deutschland vertreten). Vielleicht brauchen wir mehr Mut und eine gehörige Portion mehr Wahnsinn
und Risikobereitschaft. Dann könnten auch alle mal den Stock aus dem Allerwertesten ziehen und sich wie normale Leute benehmen, die hier vor allem eins eint: Die Liebe zum Film. Deshalb machen
wir doch den ganzen Affentanz mit und dann erhält auch das bemühte Wort von der Filmfamilie plötzlich eine ganz andere Bedeutung.